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Überspannungsschutz ist Pflicht

WAS BEDEUTEN DIE REGELN FÜR PV-INSTALLATIONEN?

Der Einsatz von AC-Überspannungsschutz ist in fast allen neu geplanten Gebäuden Pflicht. Das gilt nicht nur für medizinische Einrichtungen,  öffentliche oder gewerbliche Gebäude, sondern auch für Privatgebäude sowie kleine Büros. Doch was umfassen die Regeln im Detail? Und was bedeuten sie für Photovoltaikanlagen?

Was ist Überspannung und wie entsteht sie?

In Deutschland beträgt die Haushaltsnetzspannung 230 Volt. Für diese Spannung sind die meisten Haushaltsgeräte ausgelegt. Bei höheren Spannungen können Geräte beschädigt werden und in Extremfällen explodieren oder in Brand geraten. Solche Überspannungen entstehen in erster Linie durch Blitzeinschläge. Dabei muss es sich um keinen direkten Blitzeinschlag im Gebäude handeln, die Spannung kann auch über größere Entfernungen hinweg durch Kabel weitergeleitet werden.

Überspannung gibt es in verschiedenen Kategorien. Diese Kategorien sind gerätebezogen und zeigen an, welche Stoßspannung ein Gerät verträgt. In welche Kategorie ein Gerät eingeordnet ist, hängt auch mit der Distanz zum Netzanschlusspunkt zusammen.

KategorieStoßspannungBeschreibung
I1.500 VGeräte mit eigenem Trafo oder externem Netzteil wie Laptops oder Telefone.
II2.500 VGeräte mit Kaltgerätestecker wie die meisten Haushaltsgeräte.
III4.000 VGeräte, die direkt angeschlossen sind wie Spülmaschine, Herd oder industrielle Maschinen.
IV6.000 VGeräte, die direkt am Einspeisepunkt installiert sind, wie Rundsteuergeräte oder Hauptschalter.

Blitzableiter oder Überspannungsschutz?

Es gibt zwei Arten von Schutz vor Blitzeinschlägen, beziehungsweise Überspannung: 

  • Blitzableiter sind der äußere Schutz, eine Pflicht dafür besteht nur für wenige Gebäude, die dem besonderen Risiko eines Blitzeinschlages ausgesetzt sind oder bei denen ein Blitzeinschlag besonders großen Schaden anrichten könnte.
  • Überspannungsschutz ist der innere Schutz der Gebäudeelektronik, der seit 2016 Pflicht ist, seit Ende 2018 ist die Übergangsfrist abgelaufen. Das ist sinnvoll, weil eine Überspannung auch dann entstehen kann, wenn der Blitz nicht direkt in das Gebäude, sondern in bis zu drei Kilometern Entfernung einschlägt.

Für Überspannungsschutz sorgen Geräte beziehungsweise Bauteile drei verschiedener Typen. Diese Bauteile müssen Überspannung entsprechend der genannten Überspannungskategorien absenken:

  • Typ 1: Grobschutz vor direkten Blitzeinschlägen. Je nach Technologie wird die Restspannung auf unter 6.000 V bis zu 1.300 V verringert. 
  • Typ 2: Mittelschutz; die Restspannung wird auf unter 2.000 V bis zu 600 V reduziert. 
  • Typ 3: Feinschutz; reduziert die verbliebene Überspannung. 
Info: Viele Wechselrichter haben standardmäßig einen integrierten Überspannungsschutz Typ 1 und 2.

Der äußere Blitzschutz wird in Klassen eingeordnet, die Konstruktionsregeln festlegen und dafür sorgen, dass ein bestimmter Prozentsatz von Blitzen eingefangen wird.

  • Blitzschutzklasse I: fängt 98% aller Blitze ein. Wird bei Rechenzentren, militärischen Anlagen oder Kernkraftwerken eingesetzt. Der Blitzstromscheitelwert liegt zwischen 3 und 200 kA.
  • Blitzschutzklasse II: fängt 95% aller Blitze ein und wird bei bestimmten industriellen Anlagen eingesetzt. Der Blitzstromscheitelwert liegt zwischen 5 und 150 kA.
  • Blitzschutzklasse III: fängt 88% aller Blitze ein und wird beispielsweise bei öffentlichen Gebäuden oder Mehrfamilienhäusern eingesetzt und außerdem bei PV-Anlagen über 10 kWp. Der Blitzstromscheitelwert liegt bei 10 bis 100 kA.
  • Blitzschutzklasse IV: fängt 81% aller Blitze ein und wird eher selten eingesetzt. Der Blitzstromscheitelwert liegt bei 16 bis 100 kA.

Die wichtigsten Richtlinien und Normen für PV-Anlagen

Die Überspannungsschutzpflicht und die Umsetzung des Schutzes sind in verschiedenen Normen geregelt: 

  • Die DIN VDE 0100-443 regelt, wann ein Überspannungsschutz einzubauen ist. Seit 2016 ist ein solcher Schutz auch in Wohngebäuden und kleineren Gewerbegebäuden Pflicht. 
  • Die DIN VDE 0100-534 beschreibt, wie und mit welchen Geräten dieser Schutz herzustellen ist.
  • Die DIN EN 62305-2, beziehungsweise VDE 0185-305-2 beschreiben, wie das Schadensrisiko durch Blitzeinschlag ermittelt wird. 
  • Die DIN EN 63205-3, beziehungsweise VDE 0185-305-3 beschreibt unter anderem das Risikomanagement bei Gebäuden. PV-Anlagen mit mehr als 10 kWp benötigen ein Blitzschutzsystem der Klasse III. Die gleichen Anforderungen formuliert auch die VdS-Richtlinie „Risikoorientierter Blitz- und Überspannungsschutz“

Weiterführende Informationen können auf den Webseiten der VDE https://www.vde.com/de/blitzschutz eingesehen werden.

Überspannungsschutz bei PV-Anlagen

Photovoltaikanlagen müssen laut den oben beschriebenen Normen AC- und DC-seitig mindestens mit einem Überspannungsschutz des Typs 2 ausgestattet sein, auch bezeichnet als SPD Type II (Surge Protection Device). 

Die Errichtung eines solchen Überspannungs- oder auch Blitzschutzes bedarf eines umfassenden Konzeptes und ist auch abhängig von den Gegebenheiten vor Ort. Entscheidend ist einerseits, ob ein äußerer Blitzschutz vorhanden ist oder nicht, beziehungsweise  installiert werden muss oder nicht. Andererseits, ob die Leitungswege eine Länge von zehn Metern übersteigen oder nicht.

PV-Anlagen auf Gebäuden mit äußerem Blitzschutz

Besitzt ein Gebäude äußeren Blitzschutz, muss ein ausreichender Abstand zur PV-Anlage eingehalten werden. Der Abstand ist wichtig, damit es zu keinem Überschlag vom Blitzschutz auf die metallenen Unterkonstruktion der Module kommen kann. Der Schatten von Blitzfangstangen kann bei zu geringem Abstand zu den Modulen außerdem zu Leistungsminderungen führen.

Kann der Abstand eingehalten werden, reicht ein einfacher eigener Potenzialausgleich aus. Kann er nicht eingehalten werden, müssen Blitzschutz und PV-Anlage miteinander verbunden werden. Der gemeinsame Potenzialausgleich muss entsprechend hochwertiger ausfallen. Details dazu liefert die Norm EN 62305-3.

Für den inneren Blitzschutz gelten die gleichen Vorgaben wie bei Gebäuden ohne äußeren Blitzschutz.

PV-Anlagen auf Gebäuden ohne äußeren Blitzschutz

Der konkrete Einbauort des Überspannungsschutzes wird grundsätzlich nicht definiert und ist in gewissen Grenzen frei wählbar. So besagt die Norm lediglich, dass er innerhalb von 10 Metern Leitungslänge vom Wechselrichter entfernt installiert werden muss. Beträgt der Abstand mehr als 10m, so ist ein zweiter Überspannungsschutz in der Nähe des zu schützenden Wechselrichters notwendig. 

Während Überspannungsschutz AC-seitig Pflicht ist, hängt der Schutz DC-seitig vom Blitzschutzkonzept ab. Kabelgebundenen Kommunikationswege können selbst per SPD gesichert werden. Dazu sagt der Arbeitskreis „Schutz bei Überspannungen“ der DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik): „Jahrzehntelange Erfahrungen zeigen, dass ein sicheres und wirksames Überspannungsschutzkonzept nur erreicht werden kann, wenn Überspannungsableiter für alle eingeführten elektrischen Leitungen und damit auch für Kommunikationsleitungen eingesetzt werden.“

Es ist demnach empfehlenswert, den Überspannungsschutz nach Möglichkeit entweder direkt in den Wechselrichter zu integrieren oder diesen gleich in unmittelbarer Nähe zu installieren. Außerdem empfehlen einige Experten, SPD Typ 1 und 2 grundsätzlich vor und nach dem Wechselrichter zu installieren.

Unser Produktportfolio

Viele Wechselrichter haben einen integrierten Überspannungsschutz SPD Type 2 oder Type 1 und 2 DC- und/oder AC-seitig. Dazu gehören beispielsweise:

Viele Systeme können außerdem aufgerüstet werden entweder durch interne oder externe Bauteile. 

Die Firma Phoenix Contact bietet außerdem kompakte und preiswerte Lösungen für bis vier MPPT an.

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