Bisher haben Verbraucher für jede Kilowattstunde Strom einen fest vereinbarten Preis gezahlt. Das ändert sich derzeit: Vereinzelt gibt es bereits dynamische Stromtarife, ab 2025 muss sie jeder Energieversorger anbieten. Wie genau funktionieren dynamische Stromtarife, welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und welche Möglichkeiten ergeben sich für Betreiber einer PV-Anlage?
Bei Standardstromtarifen legen Stromanbieter einen festen Preis pro kWh fest, dynamische Stromtarife hingegen sind variabel. Ihre Dynamik hängt mit dem Strommarkt zusammen. Angebot und Nachfrage steuern den Preis – und zwar nicht nur den an der Strombörse, sondern auch den für Stromkunden.
In Zeiten eines Überangebots an Energie sinken die Strompreise deutlich. Beispielsweise gibt es in den frühen Morgenstunden oftmals ein Überangebot an Windstrom, was zu sehr niedrigen Preisen führt. Ein weiteres Überangebot kann nachmittags durch Solarstrom auftreten, wenn die Sonne scheint, der Verbrauch aber üblicherweise niedrig ist. Außerhalb dieser Zeiten, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, steigen auch die Strompreise.
Bei dynamischen Stromtarifen zahlen Kunden also keinen festen kWh-Preis, sondern einen, der am aktuellen Börsenpreis orientiert ist. Der Verbrauch wird nicht einmal im Jahr abgelesen und abgerechnet, sondern im 15-Minuten-Takt.
Die Verbraucher können ihren Stromverbrauch und den aktuellen Strompreis üblicherweise in einer App ablesen. Ein dynamischer Stromtarif ermöglicht es Verbrauchern also, energieintensive Geräte wie Elektrofahrzeuge, Batterieheimspeicher und Wärmepumpen gezielt zu den günstigeren Zeiten zu nutzen und aufzuladen. Durch solch eine gezielte Nutzung von Strom in Niedrigpreisphasen können sowohl Kosten gesenkt als auch der Eigenverbrauch an erneuerbare Energien optimiert werden.
Prinzipiell kann jeder Haushalt einen dynamischen Stromtarif abschließen. Doch voll ausreizen können Haushalte solche Stromtarife nur unter bestimmten Voraussetzungen:
Der Smart Meter ist ein sogenanntes intelligentes Messsystem (iMSys), bestehend aus einem digitalen Stromzähler und einer Kommunikationseinheit, dem Smart Meter Gateway. Smart Meter erfassen den Stromverbrauch alle 15 Minuten und übermitteln die Daten automatisch an Versorger und Netzbetreiber – und an die jeweilige App auf dem Smartphone der Stromkunden.
Falls in einem Haushalt lediglich ein digitaler Zähler vorhanden ist, kann dieser mit einem Smart Meter Gateway nachgerüstet werden. Das macht entweder der Netzbetreiber, manche Anbieter von digitalen Stromtarifen haben aber auch eigene Gateways im Angebot. Ist noch ein analoger Zähler verbaut, ist der Netzbetreiber verpflichtet, diesen auszutauschen. Verbraucher können sich direkt an ihren Netzbetreiber wenden und um den Austausch bitten – und bei dieser Gelegenheit gleich einen Smart Meter beantragen.
Seit 2017 werden alte Stromzähler nach und nach gegen digitale Zähler oder Smart Meter ausgetauscht.
Ein gesetzlicher Zwang zum Einbau von Smart Metern besteht bei Haushalten, die einen jährlichen Stromverbrauch von mehr als 6.000 kWh haben, sowie bei Haushalten, die über stromerzeugende Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 7 kW – wie beispielsweise eine Photovoltaikanlage – verfügen.
Zur Ansteuerung von großen Verbrauchern wie Wärmepumpe oder Wallbox braucht es zudem ein intelligentes Energiemanagementsystem. Das Energiemanagementsystem überwacht den gewünschten Stromfluss und steuert insbesondere die großen Verbraucher. Wenn Strom also gerade günstig ist, wird das Auto geladen, die Batterie gefüllt oder das Wasser im Speicher erhitzt. Dynamische Tarife lassen sich beispielsweise mit den Energiemanagementsystemen von SMA, SolarEdge, kostal oder Fronius umsetzen.
Seit dem 1.1.2024 gilt der neue Paragraph 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Er erlaubt Netzbetreibern, Ladestationen, Wärmepumpen oder andere Großverbraucher in Privathaushalten fernzusteuern – und zwar über einen Smart-Meter-Gateway. Haushalte mit Smart Meter beziehungsweise intelligente EMS erfüllen das Gesetz insofern.
Huaweis Energiemanagementsystem EMMA soll zukünftig mit dynamischen Stromtarifen umgehen können. Die Hardware kann bereits verbaut werden, Kunden müssen allerdings noch auf ein Softwareupdate warten.
EMMA steht für Energy Management Assistant. Ein System, das unter anderem per KI alle angeschlossenen Verbraucher im Haushalt steuert und optimiert:. Smarte Geräte oder Steckdosen können per WLAN verbunden werden. Integriert werden können bis zu drei Huawei Wechselrichter bis 25 kW, zwei Huawei Wallboxen sowie eine SG-Ready fähige Wärmepumpe
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Das Solar Manager System besteht aus einem Gateway und der Online-Plattform. Der Gateway wird irgendwo im Haus installiert und per LAN oder Modbus TCP mit dem Wechselrichter verbunden. Kompatible Wechselrichter, Speicher sowie Verbraucher wie Wallboxen oder Wärmepumpen führt der Hersteller auf einer Liste: hier geht's zur Liste
Um das gesamte System nutzen zu können, brauchen Endkunden die Solar Manager App sowie ein Jahresabo, das in zwei verschiedenen Varianten angeboten wird. Auch den Gateway gibt es in zwei Varianten, die sich in der Art der Installation unterscheiden.
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Der Fronius Gen24 kommt mit dynamischen Stromtarifen ebenfalls zurecht. In das System lassen sich der Wattpilot und PV-Batterien anderer Hersteller einbinden (mehr dazu in unserer Speicherübersicht). Die Daten werden im Monitoring Tool Fronius Solar.web oder der App Solar.Web angezeigt.
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Hier geht's zum Fronius Wattpilot
SMA plant zusammen mit Lichtblick einen dynamischen Stromtarif. Voraussetzung ist der Sunny Home Manager 2.0, der dann Speicher, Wallbox und Wärmepumpe intelligent abgestimmt auf die dynamischen Strompreise steuern kann.
Der Sunny Home Manager 2.0 im Krannich Webshop
SolarEdge ONE
Solar Edge verbindet Wechselrichter, Speicher, smarte bzw. optimierte Module, die Ladestation und den Warmwassercontroller in einem Netzwerk über die Software ONE. Fremdgeräte können über den ONE Controller eingebunden werden, der allerdings noch nicht für Deutschland verfügbar ist. SolarEgde arbeitet außerdem an weiteren Geräten für das SolarEdge Home Netzwerk, beispielsweise einem Schalter, mit dem dann weitere Verbraucher smart gesteuert werden können.
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Dynamische Stromtarife können unabhängig von einem Smart Meter, einem EMS, einer Photovoltaikanlage oder einem Stromspeicher genutzt werden. Ihr volles Potenzial entfalten sie jedoch in Kombination all dieser Elemente:
Das volle Potenzial dynamischer Stromtarife können jene Verbraucher ausschöpfen, die viel Stromverbrauch haben sowie mehrere große Einzelverbraucher. Außerdem dann, wenn sie eine PV-Anlage und einen Speicher haben. Denn dann können intelligente Energiemanagementsysteme all die verschiedenen Komponenten auf die dynamischen Preise abstimmen. Der Schlüssel zum Sparen liegt darin, den Stromverbrauch in Zeiten zu verlagern, in denen die Strompreise niedrig sind – und durch Speicher und PV-Anlage dann eigenen Strom einzusetzen, wenn er teuer ist.
Für Haushalte, die nur wenig Energie verbrauchen oder sich nicht intensiv mit ihrem Stromverbrauch auseinandersetzen möchten, könnten variable Tarife jedoch auch zu einer Kostenfalle werden. Nämlich dann, wenn der Börsenpreis beispielsweise durch externe Einflüsse ansteigt und es wenig Möglichkeiten gibt, mit dem eigenen Stromverbrauch flexibel umzugehen.